Wir
hängen noch etwas unten am Hafen rum. Niemand von uns ist auch nur ansatzweise in Eile. Es hängen immer noch die wunderbaren Ravioli im Magen rum. Also schauen wir der Polizistin zu, die hier die Parkbussen verteilt. Es bleibt genügend Zeit mal sicherheitshalber rüber an die Parkuhr zu schielen ob wir auch alles richtig gemacht haben. Haben wir. Mir fällt auf, die Dame in der schicken Uniform trägt eine mächtige Pistole am Gürtel.
Es ist Zeit für einen weiteren Kaffee. Das kleine Dorf Cetara und unser Nacht Platz da unten beim Hafen sind einfach so was von ruhig und friedlich, eine andere Welt hier, früh am morgen. Eines können die Leute hier, das langsame Erwachen. Ich beschliesse mit der Drohne ein paar Bilder zu machen und verziehe mich hinter die Hafenmole.
Das Dorf schaut bei Tag etwa so aus. Links versteckt sich der Hafen mit allerlei Schiffen und Booten. Die hübsche Siedlung zieht sich ein kleines Tal hoch.
Wir beschliessen dann doch mal unsere rollenden Wohnungen wieder anzuwerfen und kurven zurück auf die SS163. Zuerst durch das Dorf, dann rechts, und nochmals scharf rechts auf eben diese SS163. Diese Strasse führt der Küste entlang von Salerno nach Sorrento. Meistens entlang so einer grossen Bucht. Die Strasse hängt oft an Felsen, führt durch enge Passagen und unzählbare Kurven, dann führt die Strasse durch eine Art Halbinsel, bergseitig der Parco Regionale die Monti Lattari. Und eben auf der anderen Seite immer kräftig Mittelmeer.
Die nächsten Kilometer sind sagenhaft.
Die Fahrt umgekehrt wäre sogar noch besser. Die Beifahrerinnen würden so aussen sitzen können. Im dritten Gang rollen lassen. In den zweiten bei engen Kurven, dann wieder entspannt weiter rollen. Die Kurven sind eng. Immer schön am Lenkrad kurbeln und nicht in der Landschaft rum schauen. Dann passt das vorzüglich. Etliche Spiegel lassen erahnen wer auf der Gegenseite gerade die Kurve schneiden will. Hin und wieder muss man rückwärts etwas Platz machen, damit die Busse durch kommen. Hin und wieder stehen Doof und Hund mit dem Wagen mittig auf der Strasse und blockieren etwas rum, aber Doof und Hund sind hübsch anzusehen, so alleine in deren Welt. Doof ist ein Mann und Hund weiss ich nicht. Der hüschen Blonden im Metzerladen sehen wir beim Akt des Einkaufen zu weil Doof grad nicht auffindbar ist.
Aber wer gerne fährt, soll hier fahren gehen. Noch sind die Massen der Touristen nicht da. Deshalb geht es flott vorwärts. Es ist Samstag, ein paar ziemlich waghalsige Motorradfahrer suchen etwas Nervenkitzel und mir ist das langsam egal wie sich die Leute umbringen wollen. Erste grosse Touristenbusse tauchen auf, voller Menschen die sich wie wir, die Hälse verrencken. Je nach Alter dann mit etwas weniger rundumsicht.
Wir rattern durch Küstenstätdchen wie Maiori, Amalfi und Conca die Marino. Dann machen wir an einer Ausweiche einen Mittags Stop. Dicht am Abgrund. Ich sehe nach dem Kühlwasser, da tut sich nichts. Offenbar haben wir gerade vorne wieder Dicht.
Sich mal so hinflätzen und die Aussicht geniessen, das einzigartige VW Bus feeling.
Vorne, auf eben dieser Halbinsel haben wir einen möglichen Platz zum bleiben gesichtet. Wir fahren also hin aber finden nicht’s passendes. Und suchen weiter. Eine enge Strasse an den Traumstrand ist abgesperrt. Wir platzen in ein Dorffest und müssen zweimal da durch. Hinweg und Rückweg. Anschliessend wieder kreuz und quer, das wird nichts mit Platz finden. Also fahren wir weiter. Leider.
Durch Neapel fahren wir Autobahn, dort wollen wir grad eh nicht hin. Neapel verschwindet in einer Dunstwolke. Die schiere Grösse der Stadt lässt sich erahnen. Endlose Fabrikgelände, die meistens ohne Zukuft, ziehen stumm an uns vorbei. Zeugen einer besseren Zeit. Die römischen Ruinen machen eindeutig mehr her.
Dann wird es etwas krass. Wir verlassen diese Autobahn und bummeln entlang der paar Küstensiedlungen. Hotelstrände links, dann ein Streifen Wald, Kehricht, die Strasse, wieder Kehricht und Ödland rechts. Ueberall Unrat, in allen Farben. Und weisse Plastik Stühle, jede Menge. Jene welche man an den Raiffeisenbank Mitgliederversammlungen gerne hinstellt. Auf diese Stühle setzen sich die Damen der hiesigen Befriedigungsindustrie, machen ein Feuer und warten auf illustre Kunden.
Es gibt hier Gegenden, die schauen aus wie in Nordafrika. Slums. Wetthallen, Bierhallen, Slums. Trostlos. Voll von Europa abgehängt. Aber voll. Wir biegen mal links ab, bis wir endlich an eben diesen Strand ranfahren, die Alternaive zur Halbinsel wäre das gewesen.
Wir kehren grad wieder um. Die eine Palette sexueller Neigungen scheint hier versammelt zu sein, inklusive einem grossen Haufen Müll. Meistens Waschmaschinen und Kühlschränke. Kann mir den „Entsorgungsdeal“ lebhaft vorstellen. Man passt besser auf, nicht auf den Kondomen auszurutschen und flucht hier besser in Abwesenheit der Kirche still vor sich hin.
Fabi und Ray erinnern sich an eine Oase in dieser Wüste. Wir fahren etwas zurück. Finden das prima. Mitten auf einem grossen Feld. Grüner Rasen, kein Sand. Dürfen dort über Nacht stehen und machen uns etwas frisch und draussen ein paar Drinks. Bevor wir in die Bude rein marschieren. So eine Pizza dachten wir. Und etwas Wein. Gemütlich so. Etwas die Lage im südlichen Italien verarbeiten und eh alles besser wissen wollen.
Ueberraschung.
Wir sind für ganz kurze Zeit die ersten Gäste. Bester Tisch, vorne am Fenster. Die Leute hier sind herzlich nett. Plötzlich ist die Bude dann rappel voll. Einen Haufen voll Antipasto später, Ray und ich machen uns mal auf den obligaten Rundgang beim Parpklatz.Und etwas Luft schnappen und etwas verdauen und mal sehen mit was so für Karossen die hier anrauschen.
Würde meinen aus den Slums von nebenan sind die nicht. Ein DB AMG mit Reifen so breit wie ein Bierfass war der Höhepunkt. Ansonsten die üblichen fetten Audi und BMW, alle Wagen, dunkel lackiert. Ich hätte das weisse Hemd überziehen sollen. Es hatte noch einen roten Alfa stehen. Der einzige Fiat war unser. Auch der älteste auf dem Platz. Dann gingen wir wieder rein.
Die Oase hier ist eine Oase der Fleischeslust. Nach der Antipasto haben wir schon genug. Was der Chef uns da auftischt, war so richtig gut. Der Hauswein auch und es bleiben bloss zwei Oliven übrig. Unser neuester runnig gag. Dann aber geht es ans Eingemachte.
Als würde der Morgen nie mehr kommen, gerät der Chef hier voll in Fahrt. Kaum steht die Platte mit Fleisch auf dem Tisch, haben wir gerade schon gegesssen. Vom hinsehen. Mindestens unsere Damen. Wir raffen uns zusammen und denken an lange Märsche, Ueberlebenskampf, an Hunger und so. Und essen langsam und beständig. Bis endlich Teile vom Boden der Platte durchschimmern. Dann geben wir auf. Wir haben alles menschenmögliche getan. Ab jetzt wären wir Tiere. Sind wir aber nicht. Ich schau mich um. Ueberall an den Tischen diese eine Situation. Alle essen was reingeht, lieber noch mehr. Ständig hört man das klopfen vom Fleischerbeil. Immer zwei bis drei mal, dann ist wieder so ein Riesenstück Fleisch dran. Um gegrillt und gegessen zu werden. Hauptsache viel davon.
Der Meister himself. Er produziert das Fleisch gleich selber. Ausnahme, die Bologna Rinder. Die Würste sind Weltmeister. Das stehen geht noch gerade ohne Bauch einziehen.
Der Tag war also recht abwechslungsreich. Die Fahrt der Küste entlang genial, die weiterfahrt etwas weniger, der Strand vorne war der Tiefpunkt und diese Esserei hier, kann ich erst am nächsten Tag einschätzen. Ich muss mich hinlegen.
Voll Dekadent. 89 Euro für vier Nasen.