Die Überfahrt nach Kreta, viel Stahlschiff, ein elegantes Nachtessen und dann da.

Beim ersten Sonnenstrahl waren wir wach. Der grosse Tag heute. Wir dachten mit einem guten Frühstück wäre das zu schaffen und machten uns sowas her. Etwas Wasser nachfüllen, packen, zahlen und abfahren. Wir brauchten vier Stunden dafür.

Der Manager vom Camping sprach ein ausgesucht gutes Englisch. Um etwas länger diesem Mann zu lauschen, fragte ich ihn deshalb und aus purer Neugierde, einiges über die Welt hier aus. Das dauerte dann etwas länger, da die Antworten nicht nur fundiert, sondern auch lange waren. Und so lauschte ich, vor den rausgerissenen Toiletten und Zementsäcken stehend, seiner Abhandlung über die politischen Vorgänge der letzten Jahre hier und in der weiteren Umgebung. Der Mann beeindruckte mich.

Wir fahren ab, die Sonne scheint und in einer Stunde sind wir da. Wir machen noch eine kleine Erkundungsfahrt drumrum und lotsen uns wieder zum Hafen runter. Gross Verkehr war da grad nicht.

Ein Grieche in Uniform weiss wo wir hin wollen. Rechts, bis ganz nach hinten, Gate 1.
Dort buchen und warten. Das tun wir dann. Wir buchen mal. Ich stelle mich an einen Schalter mit einer umwerfend schöner Handtasche hinter dem Glas. Weil ich denke, hinter der Handtasche ist jemand. Ist aber nicht, also zum nächsten Schalter. Hier wird dann gebucht. Mit Rabatt. Irgend so ein Rabatt. Die Leute lieben Rabattaktionen. Gibt ein gutes Gefühl. Ich habe meinen inneren Schweinehund überwunden und einen Rückfahrschein mit gebucht. Deshalb auch soviel Rabatt. Es war etwas billiger als im Internet diese Bucherei hier. Ätsch.

Wir warten etwas mehr und sehen uns den Hafen an. Schreiten mal die Länge der Fähre ab. Für mich ist die schon recht gross. Und so von aussen gesehen, gut im Schuss.
Salzwasser setzt den Schiffen schon auch hart zu.
Ich reisse mich zu einem technischen Exkurs über nautische Besonderheiten im Fährschiffbau bezüglich der griechischen Inseln hin. Meine Frau hört geduldig zu. Sie ist ein grossartiges Publikum. Ich wollte als Kind mal Kapitän Nemo werden, wurde aber vorher von der Realität eingeholt.

Hier etwas vom Hafen sehen?

Es wird Zeit was zu kochen. Wir wollten eigentlich gar nicht so ein Super Menu zusammen Handwerken, aber die Kocherei wurde unkontrollierbar und die beste, braune Sauce seit langem war zur Tatsache geworden. Im Hafen von Piräus. Mit getrockneten Pilzen aus unserem rollenden Lebensmittellager. Und einem Sud aus Lammknochen.
Wir hatten ein paar, viel zu wenige, Lamm Kotletten gekauft in Patras, das war der endgültige kulinarische Höhenflug, wir verpassten fast die Fähre.
Weil, wir wollen mit dem schwedischen Zauberring noch einen Apfelstrudel backen. Genau 10 Minuten vor Torschluss war der fertig. Vorher nicht bewegen, also nicht fahren. Wir duften jetzt wie eine Bäckerei und fahren über die Stahlbrücke an den Eingang hin, vor den grossen Stahlbauch und zeigen unseren Fährschein.
Dann fahren wir ein Deck höher, gleich etwas nach links und wenden den Bus. Im Schiff drinnen. Hier sollen wir uns nun rückwärts und sehr nahe an einen Olivenöl Tanker oder sowas, hin parkieren.

Ich war so richtig nett am verdauen. Ich meine, nach diesem Essen sich jetzt aufregen ab was auch immer, kam nicht in Frage.
Der Mann der uns nun einweisen wollte war etwas nervös. Ich super ruhig. Ich drehte etwas am Steuerrad und schaute in die Rückspiegel und leitete das langsame Standart EU Rückfahr Einparkierungs Manöver ein. Um dicht an denTanker und nahe an das Fahrzeug hinter mir, zu gelangen. Mit einem eleganten Hüftschwung über die Hinterachse mit ganz am Schluss voll einlenken. War so vorgesehen.

Nun, der Kerl vor mir rief left, dann right, dann wieder left und es wollte nicht enden so.
Er fragt mich ob ich left und right nicht unterscheiden könne. Und das mit den Armen rudern gab’s noch als Zugabe. Es will nicht enden. Vielleicht ist er neu hier.
Ich ignoriere ihn deshalb und stelle den Bus rückwärts hin, genau so wie oben versprochen und in Bern oder Sumiswald würde ich es genau so, auch machen. In jede Parklücke. Es gibt Abläufe im Leben, die muss man nicht ändern. Und so war es dann.

Als fast letzte kommen zwei ältere Griechen an, ein Ehepaar in einem alten T1 Bus fahrend, stellen sich genau so wie wir, elegant hin und vorne fuchtelte der andere wieder in der Luft rum. Um mir dämmert langsam, wie das mit dem Signal geben so läuft hier auf diesem Schiff. Der Mann mit den flinken Armen hätte vermutlich oben Dienst gehabt und mit den beiden Flaggen, alles Roger, signalisieren sollen, wir laufen jetzt aus.

Ich sah mir den VW Bus genau an. Mal schönes Blau gewesen, viele Spuren der letzten Jahrzehnte schön verteilt. Einzigartiges Exemplar der neueren kretischen Geschichte ca. ab 1963. Voll fahrbar. Und die zwei drin, ein Bild. Tiefe Liebe nach 50 oder so Jahren. Sie waren in Athen, sicher Familie besuchen, was verkaufen oder einkaufen und fahren jetzt heim. Und sie, sie küsste den alten Knaben auf die Backe bevor sie in den Lift traten, in einer Art und Weise, Sorbas alter Junge, der Film hat mich versaut.
Ich sehe einer wunderbaren Zukunft entgegen. Meine Frau küsst mich nämlich auch so. Bei jeder Gelegenheit.

Im Bus bleiben durften wir nicht. Wir hatten die günstigste Version gebucht, weil wir dachten wir werden etwas Geld im Restaurant auf der Fähre los. Was wir umgehend ins Auge fassten. Zuerst der Rundgang, was ist wo. Dann mal sehen wie die Verpflegung so organisiert wird, dann der Sofa Check, wegen dem übernächtigen.
War alles sehr gut. Ich will den Pot ja nicht kaufen, bloss rüberfahren damit. Das reicht.

Irgendwann zittert jedes grössere Schiff, dann wird abgelegt, wir schauen in die Nacht hinaus und sehen die Lichter von Patras langsam verschwinden.

Zeit etwas essen zu gehen. Wir entschliessen uns, auch aufgrund der angebotenen Speisen, die Luxusvariante zu wählen und checken im Restaurant ein.
Wir dürfen auswählen wo wir sitzen wollen. Von den ca. 62 Tischen war einer besetzt. In der Mitte. Als ob das dort mehr Spass machen würde in der Mitte.
Wir wählen einen Tisch an einer der Luken. Fenster geht auch, die Fenster sind richtig gross, das sind keine Lucken. Man sieht weisse Gischt, dann ein Stück Meer vorbeiziehen und dann nichts weiteres. Es ist dunkel. Die Männer auf der Brücke spähen in die Nacht nach Kreta rüber und lenken das Schiff sicher.

Das Verwöhn Programm startet mit wunderbaren Oliven, Olivenöl, hartem und weichem Brot, etwas Jogurtmässiges und Käse. Und eine kleine Schale mit so Tomatenzeugs drin. Sehr lecker. Ich finde einen Rotwein auf der Karte, dazu Lamm Kotletten, das zweite mal heute, die Dame von Welt entschied sich für Salat, das innert 10 Minuten, und sah grossartig aus in diesem Restaurant. Wir fahren ins Paradies.
Und das Essen und der Wein waren gut. Der Wein hat mir so entsprochen, ich merkte mir den Namen. Ich bin eher so von der trockenen Seite vom roten Saft angetan, aber der hier war wirklich auch meiner. Ein Shiraz 2010 aus der Domain de irgendetwas griechisches auf jeden Fall. Und wunderbar.

Der Kellner hatte auch Zeit, durfte aber aus beruflichen Gründen nicht mit trinken. Er hatte Zeit bis um elf abends, wir auch. Wir haben einiges von ihm erfahren, da er auf Kreta lebt. Die Insel ist nah.

Wir hängen dann bis am nächsten Morgen auf Deck in allerlei Sesseln rum und warten bis wir in Chania ankommen. Ich kann das nicht, mich auf einen Sessel werfen und einschlafen. Weder auf Fähren noch in Flugzeugen. Die Zeit vergeht langsam. Hin und wieder eine Inspektion vorne und hinten auf dem Oberdeck, etwas an der Luft schnuppern. Das dann aber vorne am Schiff. Nicht hinten. Bei Segelschiffen spielt das aber keine Rolle wo man rum schnuppern will.

Wir blicken auch mal im Internet auf Maps wo wir zuerst hin wollen in diesem Kreta, das geht dank drahtloser Wellen auch auf den nassen Wellen ganz famos.
Wir haben dauernd Verbindung mit dem Vodafone Ding im Hosensack. In Chania, unten an einer Mole, bei einer alten Mauer hat es einen Parkplatz, da können wir direkt am Meer etwas rum dösen, bis wir wieder lebendig genug sind um sofort irgendwo an den Strand zu fahren.

Die Fähre kommt an. Wir steigen mit andern Fahrgästen runter zu den Fahrzeugen. Das ausfahren ist nicht der Rede wert und wir waren auf Kreta. Morgens um zehn nach sechs. Nicht schlecht. Wir fahren los, folgen unseren ersten kretischen Strassen, finden alles phantastisch, fahren durch die schlafende Stadt und navigieren uns runter an die Mole mit Parkplatz. Volltreffer. Frage ist bloss, bleiben wir hier?