unsere
Freunde grad nicht so viel Zeit zum campen hatten, die letzten paar Monate. Fabi und Ray haben sich in ihr schon lange ausgedachtes Projekt reingekniet. Aber dann grad richtig. Wir haben im Frühling schon in Italien miteinander über das Thema gesprochen, da war alles noch Theorie. Jetzt wurde es Real.
Ein begehbares Rezeptbuch haben sie an der Monbijoustrasse 6 in Bern in einen alten Laden reingebaut. Und gestern war die offizielle Eröffnung vom Laden. Wir wollten erst gar nicht hingegen, weil wir vor zwei Wochen schon an der „weichen“ Eröffnung waren.
Aber dann sind wir doch wieder hingegangen. Wir sind wie wir sind. Keinen Deut besser als die Hipsterlis und Nerds, Stadtmenschen, Agendajunkies und all das Gefleucht welches offenbar und neuerdings nicht mal über eigene Ideen zum kochen hat. Aber denen wird jetzt geholfen.
Es Biolet ziemlich im Laden hier. Die Produkte sind aus der nahen Umgebung soweit das geht, natürlich.
Und das Ganze da, das funktioniert so:
Du hast Hunger, wie üblich null Zeit, weil im Hamsterrad der Arbeit gefangen. Und um halb sieben noch Freunde treffen, dann schnell noch Yogaklasse, anschliessend in den Selbsterfahrungskurs für Stadteinsamer, und noch später dann die neuen Wanderschuhe ausprobieren weil es am Samstag in den Stadtpark zum organiserten Durchschnaufen geht, dann noch sonstwer treffen, kurz, du bist ein heutiger Zivilisationskrüppel ohne Zukunft und du hast Hunger. Hunger nach richtigem Essen. Und den Markt früh am morgen verpennst du regelmässig am Samstag weil du am Konzert der sowieso Band aus schon mal gehört, abgesackt bist. Und ein Kilo Rüben wegen der einen Rübe die du eigentlich brauchst, willst du nicht kaufen. Wüsstest vermutlich nicht mal wo.
Und du brauchts Hilfe für deine Ernährung. Und die kriegst du aus erfahrener Hand. Thomas Messerli ist Bruder von Fabi und kocht im Restaurant Brücke in Niedergösgen und erkochte sich grad schon wieder 15 «Gault Millau»-Punkte. Das passt schon mal. Er macht die Rezepte.
Und rechts, das sind Mami und Tochter Messerli. Kochen ist eine Familiensache und Mami Messerli weiss was gesund ist. Messerli – Petit Couteau. Mersch öppis?
Ganz alleine tun die das nicht, das mit dem Laden. Julia Urbahn und Carlo Salucci stehen da wenn es drum geht dem bedürftigen Menschen zu helfen was gescheites in den Magen zu kriegen. Carlo betreut die Pastabar die über den Mittag gutes Essen auf den Tisch bringt. Und Ray, ja der ist überall zu finden hier.
Die Rezepte werden so vorbereitet, dass wenig oder nichts davon übrig bleibt. Ob für eine oder 10 Personen, alles was es braucht kommt abgewogen und abgepackt daher. Wie beim IKEA. Bleibt dort eine Schraube übrig, stimmt was nicht.
Auf so Inseln im Laden werden die Menus präsentiert. Fabi hat das mit den Fotos mittlerweilen sehr gut im Griff. Essen fotografieren ist schwierig.
Es steht auf dem Monitor drauf was es da so braucht, das Rezept zum nachkochen und wo man das Zeugs im Laden findet. Dann kauft man das und geht heim und bekocht sich selber oder seine Gäste. Sofern man jemanden kennt.
Und natürlich gibt es auch allerhand anderes zu kaufen.
Wein zum Beispiel. Und da habe ich gestaunt. Wieder einmal. Hugo Brugger liefert den Wein her. Aus Österreich hat er auch ein paar Flaschen dabei, so wie die Dame links, in Wien geboren, in Bern verliebt, hier angetroffen, finde ich unsere Nachbaren in vielen Belangen überraschend.
Hugo Brugger zeigt uns einen Weisswein, dessen Flasche ich da in den Händen halte, der wirklich verwunderlich ist. Und sogar bezahlbar ist der auch.
Auf einem lebendigen Boden wachsen vitale und robuste Reben, die einen ganz eigenständigen und charaktervollen Wein ergeben. Graupert so heisst der Weisse da, bedeute im burgenländischen Dialekt wild und ungekämmt. Das sagt mir Hugo. Uebersetzt heisst das wohl, die spritzen nichts in der Gegend rum lassen Gras und was da auch immer spriesst um die Reben rum wachsen und Basta. So wie vor 200 Jahren.
So sei der Wein dann auch zu erleben. Viele Worte für einen Schluck. Deshalb trinke ich jetzt. Das Nass stammt vom Weingut Meinklang.
Der erste Schluck ist so. Ich erwarte wieder mal so einen angeschliffenen Hippisuppi Wein und lasse den Tropfen über die Zunge langsam aber direkt in meinen Magen runter rollen. Dann vergeht so ein kurzer Moment bis alle Rückmeldungen im Hirn verarbeitet werden und Alarm schlagen:
Moment, das Gesöff ist komplex, ziemlich dicht, ein Wein wie ein Sturm, mal süss mal wild. Und ich glaube ich konnte kleine Weintrauben vor dem inneren Auge winken sehen. Den so schmeckt das. Und ich bin absolut keiner dieser hippen Weinkenner. Ich beschreibe bloss was sich mir da grad zu getragen hat. Verdammt, die Österreicher wieder. Und Hugo bringt den Wein her. Hier der Link.
Und da sind nun Petit Couteau. Kleines Messer oder Inspiriertes Einkaufen. Link
Wieder ein paar Leute mehr die ihren Traum leben. Wir wünschen euch viel Spass und viele Erlebnisse dabei. Ja, dann sind wir wieder in’s Seeland gegangen. Und das war dann so.