erleben

wir an diesem neuen Tag. Die Nacht war klar und kalt. Der Morgen ist rein und still. Die zottligen Dorfhunde geniessen die wärmenden Sonnenstrahlen  und ich schau ihnen dabei zu.

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Der letzte Abend hat mich ziemlich nachdenklich gemacht, die Geschichten die sie uns erzählt haben sind leider wahr. Und trotzdem haben wir viel gelacht, viel in die Zukunft, weniger mehr in die Vergangenheit geschaut. Einer der Musikanten wird nächsten Monat heiraten, einer hat gerade, und dem dritten ist ein Junge geboren worden. Ein Winterkind.

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Unten an der Strasse ruft mir einer der Männer vor der Kantine zu er hätte Tee parat. Ich geh mal runter auf eine Tasse. Ein paar andere sind schon da und wärmen sich die Hände am Stockofen, wir trinken alle süssen Tee. Sie meinen wir sollen doch einfach noch etwas da bleiben. Mich drängt es aber weiter. Ich versuche zu erklären dass ich meinem Schwiegervater versprochen hätte dann mal mit seiner Tocher in Teheran aufzutauchen. Das würde ich gern einhalten. Das verstehen die Männer hier.

Ich lauf dann wieder hoch zum Bus. Der Schnee ist bald vom Dach und ich lass den Motor endlich vorwärmen, Zeit um mit den ganz jungen etwas rum zu albern.

Und die muss man nicht zweimal fragen. Jeder muss natürlich in den Bus rein linsen und als alle alles gesehen haben verabschieden wir uns von den Leuten hier und fahren mal ein Stück weiter.

 

Ein paar Meter bloss, ich will nachtanken. Etwa 20 Liter Diesel haben wieder Platz im Tank. 20 Liter die einem fehlen können. 20 Liter sind hier in den Bergen sichere 150 Km Wegstrecke. Besser so rechnen als knapp.

Grosse Bagger und so Sachen sieht man hier überall, aber in ein paar Kilometern ist Schluss damit. Dann ist fertig mit Kohle und eine jungfräuliche Landschaft wird sich uns öffnen.

Die Sonne ist hier extrem stark. Innert drei Stunden ist das Eis weg und die Strasse aper. Das ist meine N400, die Strasse zu den Persern.

Auf dem Grat stehen alle paar Kilometer die Wachtürme der Türken. Die schielen von dort aus in den Irak rüber. Die finstern Gesellen vom IS allerdings, die werden von den Irakischen Kurden in Schach gehalten. Einkassieren für diesen Dienst an Europa tut allerdings Ankera. Und bezahlen tut dass der deutsche Steuerzahler. Und verteidigt wird Deutschland ja am Hindukusch, zumindest gemäss dem alt Linken Peter Struck. Was für ein Irrtum dieser alt 68er, inkl. dem Fischer und Schröder.

Gerade heute, als ich diese Zeilen schreibe erreicht mich die Meldung, dass Kurdische Dorfbewohner unweit von hier im Nordirak eine Türkischen Bastionen angegriffen haben. Mit Stöcken und blossen Händen. Weil sie die Nase langsam voll haben von der ganzen Schosse.  Link zum NZZ Bericht.

Die NZZ schreibt brav die Türken hätten die Bastion geräumt. Ich habe allerdings gehört, die jungen Zivilisten hätten die Soldaten schlicht und einfach vertrieben und die Panzer angezündet Und wenn ich mir die Bubis an den Grenzkontrollen so ansehe, glaub ich das sofort.

Ich kannte übrigens Peter Scholl-Latour sel. persönlich. Und er hat mir in diesen paar Wochen damals, vieles ohne grosse Worte beigebracht. Unter anderem wie er Soldaten auf deren Entschlossenheit einschätzt.

Im nächsten Dorf treffen wir auf Nouri. Er war auch immer in der Kantine anzutreffen und Nouri ist hier der moblie Gemüsehändler. Wir brauchen noch ein paar Sachen und halten an. Hätten wir so oder so getan, als wir ihn sahen.

Es wäre sinnlos gewesen über den Preis der Früchte und Kartoffeln zu verhandeln. Er wusste im Voraus was es wohl kosten täte. Wir hätten uns bloss blamiert.

Wir fahren weiter. Ich bin so in eine Traumlandschaft geboren worden und darin aufgewachsen. Nicht um dort zu bleiben, sondern um überall nachzusehen ob es noch mehr so Gegenden gibt. Es gibt sie. Hier ist eine. Wild, schroff und schön.

Wir fahren weiter. Die Strasse ist gut zu fahren. Dort wo die Sonne noch nicht hinscheint, fahren wir etwas langsamer. Ist gern etwas rutschig.

Bald einmal gelangen wir an eine Brücke die führt über einen ziemlich kräftigen Fluss. Davor natürlich ein Kontrollposten. Auf der anderen Seite die Kaserne.

Doch diesmal ist die Sache mal etwas bunter als sonst. Schulkinder stehen rum, einen Sack voller Fische, gefangen im Fluss, den allen rum zeigend. Uns entgeht das nicht. Wir tauschen dann mal ziemlich schnell bei den Jungs ein paar der Fische gegen unseren Traumfänger ein. Die wollen uns zwar den ganzen Sack mit Fischen geben, das fanden wir dann aber dann doch etwas zu viel.

Wir haben so ca. 100 Kilometer vor uns, das wäre bis nach Hakkari. Wenn wir uns kräftig ranhalten schaffen wir das sicher. So vier Stunden fahren denk ich mal, dann sind wir beim eindunkeln dort.

Mittlerweilen kann ich den Reifen einiges anvertrauen, fahre diese Kombination von Yokohama Winter- und Pirelli Sommerreifen ja zum ersten Mal auf solchen Strassen. Und ideal wäre anders. Aber es ist nun so und nicht anders.

Die Yoko vorne, die hängen locker die Continental, die ich sonst immer gefahren bin, ab. Und das um Längen. Erfreulich das. Ich hatte immer das Gefühl die Conti werden von den Fachmagazinen in deren Testreihen überbewertet.

Bald erreichen wir ein putzsauberes Dorf. Dort ist dann aber Endstation. Sieht nicht danach aus, ist es aber.

Ab hier gehts kräftig den Berg hoch. Und es hat auf der anderen Seite vom Pass natürlich auch geschneit. Aber ein paar Schneerutsche haben die Strasse geschlossen. Morgen gegen Mittag werden sie die Strasse wieder räumen. Das können wir in Erfahrung bringen. Wir sind nicht die einzigen Reisenden die hier festsitzen. Ein Kleinbus steht auch hier. Wir parkieren mal etwas um. Und richten uns auf eine weitere Nacht hier in dieser frisch verschneiten Gegend ein.

Rechts den Berg hoch, dann rüber über diesen Sattel führt die Strasse, aber das Problem liegt hinter dem Pass. Sonne und gutes Wetter hin oder her. Wir werden dann eben einen Tag später in den Iran einfahren. War ja schon mal weiter als jetzt.

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Ich finde so ein Pullover gibt richtig schön warm. Wir telegrafiern mal was rüber nach Teheran.

Die Sonne steht noch hoch am Himmel. Wir haben Zeit alle miteinander rum zu stehen und zu palavern. Sind wir doch ehrlich, ist einfach eine gute Zeit die wir da verbringen. Was zum Henker will man den noch mehr.

Einer der Lehrer hier spricht leidlich gut Englisch, meine persische Blume kramt ihre Kurdischen Sprachkentnisse wieder hervor und ich beobachte das alles.

Besonders amüsieren wir uns mit dem Jungspund hier.

Bei so Aktionen kann ich stundenlang zusehen. Junge Schafsböcke springen ja auch gern in aller Gegend rum.

Wir sind ein illustre Reisegesellschaft die hier wartet und sich die Zeit vertreibt. Könnt euch ja mittlerweilen vorstellen, wir machen bei vielen Selfis und Fotos mit.

Wir stehen mit dem Lehrer und ein paar andern unten bei den Fahrzeugen. Ein Mann kommt vom grossen Haus oben zu uns runter. Er grüsst uns alle freundlich und sehr ruhig. Sein Alter ist schwer zu schätzen. Nicht fünfig, jünger. Die Leute halten Abstand zu ihm, sie antworten aber sie fragen nicht. Er führt das Wort. Jeden fragt er etwas, jeder gibt Antwort. Er ist traditionell, jedoch in schwarzen Stoff gekleidet. Wenn man nicht versteht was die Menschen sagen, schaut man ihnen beim reden zu. Da vernimmt man gelegentlich mehr mit den Augen als mit den Ohren.

Wir beide würden bei ihm zu Abend essen und er freue sich dass wir bei ihm und seiner Familie übernachten werden. Das übersetzt mir der Lehrer und mehr gibt’s nicht zu sagen. Wir packen ein paar Sachen ein und gehen zusammen ins grosse Haus rüber. Er ist Kaufmann. Und wenn der Krieg dann endlich mal vorbei ist, wird er seine Beziehungen in den drei Ländern wieder aufnehmen. Vorher nicht.

Dann wird es langsam kühl. Alle haben einen Platz für die Nacht gefunden. So geht das hier oben.

Wir essen das beste Lammfleisch seit ich denken kann und das hier oben in den Bergen. Nach dem Essen wechseln wir in eine andere Stube. Freunde vom Kaufmann kommen auf Besuch. Die Männer rauchen, die Töchter und seine Frau gesellen sich etwas später zu uns.

Die Wände sind belegt mit Kissen, ein grosser Ofen heizt kräftig ein. Eine ganze Runde ist versammelt. Die Gespräche sind ruhig, herzlich, ich habe keine Ahnung über was genau sie reden. Aber ich geniesse das Kissen, geniesse Süssigkeiten, guten Tee, sehe mir die Gesichter dieser Leute an und die gefallen mir.

Grundsätzlich schlafen Männer und Frauen getrennt, bei solchen Gelegenheiten. Für uns machen sie das eine Zimmer frei, was wir unter Protest nicht verhindern können. Und schon wieder schlafen wir wie die Paschas. Die Kurden sind einfach unglaublich.

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