sind

wir geraten. Seit Wochen werden wir den Eindruck nicht los, es sei da wer im Busch hinter uns. Wir haben unseren Bus nahe der Karavanserei eines Verwandten meiner persischen Blume abgestellt. Dies und das will wieder auf Vordermann gebracht werden, der Bus ist ordentlich staubig. Der Hauptgrund ziemlich zackig hier her zu fahren sind nicht die paar Arbeiten am Bus, sondern die schützende Hand der Familie. Seit Wochen schon ereichten uns eigenartige Anrufe von Leute die wir nicht kennen und die eigenartige Fragen stellen.

Vor Abreise habe ich mich von einem IT Spezialisten beraten lassen, mit der Folge dass Teile der Soft- und Hardware entsprechend anpasst wurden. Von der heimischen Arbeit aus gesehen, ist die Sicherung von Foto- und Filmdaten für uns ein normaler Vorgang. Für diese Gegenden ist es jedoch ratsam, die Daten etwas anders zu verteilen. Die guten ins Töpfchen, die heiklen in ein anderes Töpfchen. Die paar  Kröten die wir für eine entsprechende Infrastruktur im Bus ausgelegt haben, sind nun pures Gold wert.

Eines funktioniert nie, das löschen einzelner Medien oder Daten von Festplatten. Es ist ein Klacks die wieder aus den Festplatten hervor zu zaubern. Also dürfen sie gar nicht erst geschrieben werden. Oder die Festplatten werden in einem aufwendigen Verfahren formatiert. Und das dauert ziemlich lange. Dann ist dann alles weg gelöscht.

Wir haben nichts gefilmt oder fotografiert, dass nur annährend mit der momentanen politischen Situation im Zusammenhang steht. Sie sind aber alle etwas nervös hier, das Säbelrasseln rund um den Golf der Perser wird immer lauter.

Es regnet immer wenn es passiert und eines Morgens stehen dann doch drei Agenten vor unserer Bustüre. Gerade erbaut war ich persönlich nicht. Meine persische Blume und ihr Cousin übernehmen die Sache und ich solle die Klappe halten, einfach lächeln und mir nicht im Bart rumzupfen.

Die drei Agenten begleiten uns mit ein paar von unseren Festplatten, einem Laptop, dem uralten Canon Fotoapparat und einem Handy runter nach Aligudarz. Immerhin haben wir dort Heimspiel. Durch eine rostige Blechtüre, direkt von der Strasse aus, werden wir in einen Verhörraum begleitet. Ich hätte gern ein Foto gemacht von diesem kalten und gar heimeligen Raum mit dem Verputz der abblättert,  aber das war jetzt nicht Thema.

Sie hätten ein paar Fragen und sie würden vorerst mal auch unsere Pässe zurück halten. Quittungen für die Pässe und die anderen paar Sachen erhalten wir natürlich nicht. Etwas verwundert waren sie über unsere doch ziemlich veraltete Fotoausrüstung. Und das Tele mit der sagenhaften Brennweite von 135mm war dann doch etwas Spott wert. Um Blumen zu fotografieren reiche das völlig, meine ich.

Zur Fragerei gesellt sich meine Schwiegermutter. Wenn die einen Raum betritt ist der dann grad voll. Das sind gute Neuigkeiten. Ich lehne mich zurück und konzentriere mich auf die Gesichter und den Klang der Sprache. Der mit der Sprache liegt bei mir im niederen Prozentsatz des Verstehens. Auch deshalb zieht sich die Sache in die Länge.

Der Soldat vor der Türe mit dem Schnellfeuergewehr bewegt sich nicht, und hat den Abzugfinger lang.  Der Mann hinter dem grossen Schreibtisch wirkt freundlich und macht ein paar Spässe. Die übliche Methode würde ich meinen. Die beiden Frauen lassen sich nicht um den Finger wickeln und nach einer knappen Stunde lassen sie uns alle wieder durch die rostige Blechtüre raus. Auf alles hatten die Frauen eine Antwort und ich nickte dazu wie ein Wackeldackel hinten auf der Hutablage vom Opel. Wir sollen in der Gegend bleiben. Auf Abruf. Die elektronischen Geräte wollen sie sich in Teheran etwas genauer ansehen lassen.

Der mit in der Gegend bleiben weichen die beiden Frauen dann etwas auf. Sie meinen so Grossraum Iran wäre ja auch nah genug. Immerhin haben wir noch ein Ziel, diese eine Moschee in Ghom wollen wir besuchen. Das finden dann alle eine sehr gute Idee und somit wird das bewilligt und unser Aktionsradius wird erweitert. Sogar bis nach Tehran rüber.

Die Sache zieht sich dann über 6 Wochen hin. Hin und wieder fahren wir nach Aligudarz, zeigen uns dort etwas den Agenten werden vertröstet, immer wieder etwas lauwarm verhört und weiter ausgefragt. Ich wurde von den beiden Frauen zum Land- Feld- und Wiesenmechaniker deklariert, was eigentlich ja voll korrekt ist und ich sei deshalb an allerhand altem Gerät der Landwirtschaft eher interessiert als an anderem Zeugs. Und mit neuzeitlicher Elektronik und Computer hätte ich nichts am Hut. Ich hätte ja nicht einmal ein Handy. Was verdammt nochmal auch die Wahrheit ist. Mehr der weniger.

Natürlich fehlen uns Laptop und Handy. Aber ohne Reserverad fährt man ja auch kaum in der Gegend rum. Blog und andere Kanäle haben wir auf hold gesetzt. Allerdings ein paar Tage vor dem ersten Verhör. Beitrag hier.

Die „Anschuldigungen“ verdichten sich dann langsam etwas. Wir wären lange bei den Kurden an der Türkisch – Syrischen Grenze gewesen und ziemlich lange bei den Belutschen an der Iranisch – Pakistaischen Grenze. Was denn da so spannend sei für Touristen, und zudem wären wir nahe von einem Uranabbaugebiet wandern gegangen. Letzteres war mir gar nicht bewusst, dass da Uran im Boden rum liegt. An der Gegend von Saghand waren wir doch tatsächlich recht nah dran, vieleicht 60 km Luftline, vielleicht auch weniger, möglicherweise auch mehr. Für mich eher weit weg. Für die Agenten nah genug.

Und wir sind damals in diese Berge gefahren um uns auszukurieren. Hier beschrieben.  Und rückblickend können wir uns erinnern, dass Wagen weiter hinten auf der Strasse angehalten haben und uns Männer beäugen. Auch als es schon dunkel war. Ich dachte damals das sei wohl eher lokales Interesse.

Und unten im Süden suchen sie auch nach Uran, dort wo die Gesteinsformationen so wunderbar in der Gegend rum stehen. Dort haben wir Drohnen gemietet um Bilder zu machen. Bloss konnte ich diese Bilder auf den Festplatten nicht mehr finden.

Mir sagt das bloss eines, seit wir im Iran sind haben die ein Auge auf uns gelegt. Gegen sowas hat man ja Vorhänge im Bus. Wo der Bus durch fährt und wo er lange steht, verzeichnet die iranische Daten SIM Karte,  ein offenes Buch. Was wir ja wissen. Bloss hin und wieder ist die SIM Karte in anderen Fahrzeugen mitgereist und nicht mit uns.

Wir erhalten nach vier Wochen endlich Laptop, Fotoapparat und das Handy meiner Blume wieder zurück. Die Pässe allerdings noch nicht. Und die Festplatten fehlen auch. Mittlerweilen hat die Familie vom Cousin die Sache an den Bürgermeister weiter gereicht. Schliesslich sei das seine Sache jetzt und der Reputationsschaden für die Stadt und ihn selber als Politiker sei dann wohl schon jetzt gross genug und auf eine Wiederwahl müsste er dann so nicht hoffen, passiere nicht endlich was. Naja, ob das in der Praxis auch so wäre bezweifle ich. Aber der Auftritt im Büro vom Bürgermeister wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Besonders seine Schuhe.

Man kann in fast jedem Land „auffallen“. Das geht problemlos. Es gibt Länder in denen ist „das System“ etwas freundlicher und transparenter als in anderen. Im Iran ist es eher unfreundlich. Und unberechenbar. Man kann sich das zu grossen Teilen selber einrichten, wie man es haben möchte.