Vom Praktiker an den Strand von Palairos und weiter nach Patras.

In eben diesem Ioannina zeigt uns ein grosses Schild bei der Strasse an, hier hat es einen Laden für praktisch veranlagte Männer und griechische Amazonen.
Zugegeben, wir sind eher Kinder von Hornbach. Aber, wir waren in grossen Nöten.
Wir waren seit unserer Abreise total abstinent in Sachen Baumarkt und wir brauchen ein paar Hacken für Küche und Bad, ein Stück Wäscheseil um die fünf Meter lang, eine M5 Mutter und natürlich wollten wir uns auch Angebot und Preise etwas ansehen.
Baumärkte sind für uns sowas wie die Gradmesser der Zivilisation. Unser Hornbach ist bloss 5 Minuten weg von unserer Werkstatt. Und wir kennen dort alle Verkäufer und Verkäuferinnen. Wir sind pro Woche sicher zwei bis drei mal dort. Es gibt immer was zu tun.

Die Preise hier, die sind recht saftig. Finde ich. Motorenoel, das hat der Hornbach nicht, Schrauben, Maschinen und Werkzeuge, etwa auf dem Level von Deutschland oder Frankreich. Das bei einem tieferen Einkommen als gerüchteweise umhergereicht wird. Dazu noch ausgestattet mit einer unverschämt hohen Mehrwertsteuer, die sei jetzt so hoch um die Banken zu retten hat es damals geheissen.
Ein Lokführer verdient hier um die 1300 bis 1700 Euro im Monat, je nach Schichtarbeit. Habe einen, der vor einem Bohrmaschinen Angebot stand, mal gerade so gefragt.

Ganz gross im Angebot aber sind diese Woche die Heizstrahler. Griechenland hat gerade etwas kalt, was den Verkauf dieser Dinger buchstäblich anheizt.
Wobei, irgendwie komme ich mit der Heizstrahler Sache nicht ganz klar. Es kann doch nicht sein, dass die letzte Kältewelle noch vor Erfindung der Heizstrahler durchs Land zog.
Schau ich aber in die Einkaufswagen, sehe ich bloss Heizstrahler. Als ob nie vorher einer verkauft worden wäre. Oder schmeissen die Griechen im Frühling alle wieder weg?

Es gibt ein Standart Modell für knapp 30 Euro. Dann so Modelle die mich an einen richtigen Ofen aus Gusseisen erinnern. Einfach kleiner.
Weiter hat es Deluxe Modelle im Angebot, mit Zeitautomatik und im Kachelofen Look. Diese schrecklich grünen Kacheln.
Der Mann vor uns an der Kasse, eingepackt in zwei Schals, Sonnenbrille und Winterjacke bezahlt wortlos ein Standart Modell. Mit seinen grauen Sommer-Jogginghosen und den Hausschuhen würde er besser gleich eine Bodenheizung mit einkaufen.

Wir haben also unsere Hacken gefunden, das Wäscheseil abgelängt gekriegt und sind auf die Autobahn aufgefahren. Wir haben null Lust uns jede Kurve hier im bergigen Umland anzusehen, wenn doch der Sandstrand weiter unten lockt. Die Autobahn ist neu, kostet ein paar Euro und führt uns fast bis runter zur Küste, wir biegen aber vorher links ab. Die Temperatur steigt. Ich öffne das Seitenfenster ein wenig und halte die Hand raus. Warm.
Die Sonne scheint. Noch tut sie das.

Es wird Zeit etwas Wasser zu bunkern. Wir, die einen Kastenwagen oben mit Bootsaufbau fahren, haben keine Tanks mit 100 Litern. Wir haben zwei Kanister dabei, mit je 16 Liter Fassungsvermögen. Da steckt man oben die Tauchpumpe rein. Das Ganze liegt dann unter der Spühle.

Diese simple Einrichtung vermittelt uns das Gefühl man hätte eine richtige Küche.
Bis es wieder gurgelt unten im Kanister und er leer ist. Diese zwei Kanister halten um die vier Tage. Abwaschen, Kaffee- oder Teewasser.
Wir führen gesondert noch Trinkwasser in Glasflaschen mit. Fünf dieser Flaschen liegen gut verstaut unter der Sitzbank.
Der Zwischenraum Fahrersitz zu Sitzbank kann nochmals um die 20 Liter Trinkwasser aufnehmen. Muss mehr mit, dann stehen weitere Wasserbehälter rum.

Gelegentlich schaut es in TwinsWerner wie in einem fahrenden Laden aus. Vollgepackt mit allem. So sind wir auch abgefahren. Wir haben die Küchenschränke zuhause gelehrt, alles in TwinsWerner gepackt und sind losgefahren. Bloss unseren eisernen Notvorrat für den nächsten Krieg haben wir natürlich in der Werkstatt eingelagert. Und das meine ich ernsthaft, wir gehören zu denen, die ein Lager unterhalten. Mein Jahrgang tut das noch.

Für die Reise bis hier runter an den ersten Strand von Griechenland wurde also bis auf Wasser, frisches Brot und ein paar Pullen Wein in Italien, nichts zugekauft.
Leider. Wir sind völlig emotionslos mit unserem fahrenden Lebensmittellager an den sicher besten kulinarischen Möglichkeiten die der Balkan anbietet, vorbei gedonnert.

Und jetzt stehen wir in einem kleinen Laden in der Ortschaft Palairos und kaufen ausgerechnet Dänischen Schimmel Käse, Brot und eine Kanne Wasser.
Es ist kalt in diesem Laden und wir werden beäugt wie Lappen ohne Rentiere. Ein Kunde kann sich dann doch die Frage nicht verkneifen, was wir hier den auch wollen. Es sei kalt, es werde wieder schneien und überhaupt, Palairos im Winter.

Ich fand diese Sorge rührend und ich mag die Griechen schon ziemlich für sowas nettes. Wir seien hier um etwas zu arbeiten und das gröbste vom kalten Winter zuhause zu überbrücken.
Da sei doch keine Arbeit hier, meint er. Ich wisse das, deshalb hätte ich sie gleich selber mitgenommen.
Aha, er meint normalerweise nehmen die Holländer alles Essen mit, die Deutschen das Bier und jetzt die Schweizer die Arbeit. Seine Englischkenntnisse waren jetzt erschöpft und wir an der Reihe mit bezahlen.

Jetzt aber runter an den Strand. Habe den auf Google Maps gefunden, müsste passen.
Wir fahren an halb verfallenen Ferienhaus und/oder Hotelsiedlungen entlang runter zum ersehnten Wasser. Wir wundern uns etwas, die Gegend schaut aus, als ob jemand einen Schalter umgelegt hat, und alle sind gleich weggegangen.
Dazu dann aber später mal etwas mehr Klartext. Im Moment sind wir noch Frischlinge in Sachen Griechenland und müssen erst verstehen wie die hier so ticken.

Bei den vier oder fünf Strandzufahrten stehen Durchgangsschranken auf 2.20 Meter Höhe. Bis auf eine Schranke, die ist defekt.
Da fahren wir durch, parkieren mit der Breitseite zum Strand.
Langsam ziehen Wolken auf. Immer mehr davon. Sorte Schlechtwetter. Der Mann im Laden hatte recht.

Wir sind müde, wir heizen, wir essen, wir waschen ab, laufen die paar Meter zum Meer, immerhin sind wir ja nun seit Tagen unterwegs wegen diesem Salzwasser, und gehen dann befriedigt schlafen. Das Meer ist also da.
Wir müssen das ganze Programm ja nicht gleich am ersten Tag abspulen.

Am nächsten morgen dann, hat es geschneit. Das hat dann so ausgeschaut.
Link:

Yea Yea, ich meine Schnee ist das ja nicht wirklich. Ein Hauch davon. Viel mehr davon hat es aber oben im Norden gegeben. Dort hatten die echt Probleme gekriegt. Haben wir in der Zeitung gesehen. Lesen konnten wir nicht, aber die Bilder ansehen.

So richtig schön ist es jetzt nicht mehr da.
Wir packen auf und fahren weiter. Patras. Mal so sehen was das denn so für eine Stadt ist. Und eine Reederei suchen wollen wir auch. So von wegen Fähre zurück nach Italien.

Kurz vor Antirio das Dorf mit der Brücke nach Patras, tanken wir Diesel bei Revoil.
Völlig entspannt. Es ist wieder so warm, ein Hemd reicht aus. Kaum ein Lüftchen, wenig Verkehr, wir sind die einzigen an der Tanke. Die Ruhe vor dem Sturm.

Kaum biegen wir ein, wieder ein übereifriger Tankwart der rausrennt, den Rüssel schon in der Hand bevor ich es raus schaffe, aber jenen mit Benzin.
Ich meine den nicht, eher jenen mit Diesel und einen Moment noch, zuerst kommt von dieses Wundermittel in der roten Flasche in den Tank rein. 2-Takt Oel. Es fährt sich weicher damit. Deshalb wohl dachte er wir hätten einen Benziner. Ich fühle mich geschmeichelt.

Er tankt, ich passe trotzdem saumässig auf, dass der Rüssel nicht rausrutscht, er dann auch abstellt wenn voll ist, mir den Lack nicht ruiniert, er die Tanke nicht abbrennt. Diese Reihenfolge etwa.
Alles verläuft wunderbar. Ich geh mal zahlen, Asudeh schreibt das nötige im Bordbuch ein. Gas hätte er nicht mehr, auch wenn das noch angeschrieben sei am Schild.

Dann passiert es. Ein mordsmässiger Schlag, ein lauter Knall, die Hütte wackelt, ich denke der Krieg bricht aus. Der Tankwart meint was wie Afrika sei wieder etwas näher gekommen, bloss ein leichter Erdstoss. Mann, ein leichter Erdstoss.
Für den Alpenbewohner der das zum ersten mal erlebt ist das der Untergang des Planeten. Wir sehen aber, die Brücke nach Patras steht noch, also nix wie hin, bevor die Afrikaner die auch noch zerstören.

Patras ist eine Stadt. Ich bin in einem Dorf aufgewachsen. Ich bin in Mexiko City auch schon Auto gefahren, kenne Teheran recht gut, war in Kairo Rückspiegel jagen, finde Paris autotechnisch unmöglich und Rom auch.

Deshalb freue ich mich auf die drittgrösste Stadt der Hellenen. Die fahren total entspannt Auto. Du bist aber selber auch sehr entspannt. Wenn nicht, wird es mühsam.
Von der Brücke her führt eine lange Strasse direkt in die Stadt rein. Am richtigen Ort muss man rechts abbiegen, dann führt der Weg ins Zentrum. Wir biegen richtig ab. Eine Tanke mit Autogas ist in Sicht.

Sehr gut. Ich fahr ran. Der Tankwart lotst mich zur Dieselausgabe. Ich kurble die Scheibe runter und deute auf die Gastanke. Er staunt. Er zeigt auf den Einfüllstutzen vorne.
Ich zeige auf den Einfüllstutzen hinten. Dann steige ich aus. Der Motor läuft noch, er zeigt auf seine Ohren und meint wohl er höre einen Dieselmotor rum klappern.
Ich bin leicht beleidigt, unser Motor klappert nicht, der läuft seidenweich. Ich pack den Adapter für den Griechischen Gasstutzen raus, schraube den hinten in die Aussenbetankungseinrichtung rein und zeige ihm das Resultat.
Er will nun den Tank sehen. Ja sicher nicht. Denkt der wohl ich öffne die Hecktüren um ihm die Gastankflasche mit deutscher TÜV Etikette zu zeigen oder sowas, in einem Land mit Erdbeben und so Sachen.
Denkste. Ich schraube den Adapter ab und fahre weiter.
Es gibt Momente im Leben, da merkt man sofort, diskutieren bringt nichts. Das war ein solcher Moment. Wir tanken später Gas.

Rein in die Stadt, irgendwie schaffen wir’s gleich mitten ins Zentrum, Einkaufsstrasse erster Klasse, fast unten an der Mole. Freier Parkplatz, Free WiFi direkt neben uns. Nicht schlecht für den Anfang.
Die Einkaufsliste ist kurz. Wie immer bei uns. Diese, ich kaufe alles am selben Vormittag Geschichten kennen wir nicht. Wir brauchen bloss Internet. Von Vodafone.

Nicht viel los hier, denken wir. Sehr ruhige Stadt. Kaum Verkehr. Wenig Leute. Wirtschaftskrise halt. Wir treten deshalb in den nächsten Trendschuppen mit Kaffeeausschank.
Guter, teurer Kaffee mit allerhand Schischi, Kuchen und seht her wir kochen alternative Sachen auf Holzbrettern wie in YouTube.

Junge, gut gekleidete Griechen hier. Das Publikum eher so philosophisch angehaucht, schwarz-weiss Film Publikum. Nicht uninteressant. Aber auf die Dauer langweilig. Möglicherweise. Für mich schon. Die können nicht so richtig abfeiern. Loslassen und so.
Halten den kleinen Finger hoch wenn sie die Kaffeetassen an die Lippen führen.

Wir suchen dann mal diesen Vodafone Laden und er hat geschlossen. In einer Stunde ist wieder offen. Die Erleuchtung, die haben Siesta, deshalb ist niemand auf den Gassen. Also suchen wir mal eine Reederei oder eine Agentur, einfach was mit Schiffen.
Die finden wir unten am Hafen. Die haben offen. Wir fragen wegen Fähren nach Kreta und solchen nach Italien. Und erhalten treffende Auskunft, Visitenkarten werden getauscht, eine kurze Einweisung in das Fährgeschäft erhalten wir auch. Und einen brandheissen kurzen Kaffee.

Vodafone hat jetzt offen, wir sind die ersten im Laden. Den Hotspot von Vodafone Deutschland haben wir dabei wie auch unser Samsung Pad. Beide Geräte voll geladen und bereit.
Damit wir auch sicher sind dass es klappt. Und wie es klappt. Die junge Dame vorne verkauft uns für 10 Euronen 8 GB Internetnutzung, der Chef hinten schaltet die SIM Karte frei und wir sind wieder im weltweiten Netz. Einfach so. Und wenn wir vor Monatsende wieder nachtoppen, gibts noch ein halbes Gig gratis. Sollten wir noch mehr nachtoppen, könnten wir dann auch noch bei einem Wettbewerb teilnehmen. Die machen das gut mit dem toppen finden wir.

Und dann treten wir zum Laden raus, direkt in die Brandung, direkt in die Hölle. Autos, Menschen, Lärm, Patras ist wieder wach.

Wenn wir ja schon da sind, einen kurzen Schlauch könnten wir doch noch gut gebrauchen. Den Schlauch finden wir bei einem Original von Sanitär Verkäufer. Steif wie ein Engländer, der Schlauch. Der sei bloss so steif weil es saukalt ist meint der Verkäufer und knöpft mir einen Euro ab.
Der Schlauch ist auch in der Sahara noch steif, so im Fall!

Es wird Zeit einen Schlafplatz zu suchen und es schneit nun. In Patras. Einige hier finden das irgendwie noch witzig. Die jagen den Schneeflocken nach, andere sind da etwas zurückhaltender. Und Gas brauchen wir auch. Die Heizung frisst Unmengen an Gas.

Bevor wir rechts runter an den Hafen fahren, finden wir eine Tankstelle. Diesmal aber verläuft die Geschichte sehr angenehm. Wir werden zur Gaszapfstelle geleitet. Der Juniorchef ist fasziniert. Noch glaubt er nicht wirklich das wir Gas wollen. Er kann den weichlaufenden Dieselmotor hören.
Ich pack also den Gasadapter wieder hinten rein, der Azubi knallt die Tröte ran und es fliessen 9 Liter Autogas. Jetzt kommt mir in den Sinn, die Heizung läuft ja noch. Das sollte so nicht sein. Immer schön abstellen. Gut möglich dass sonst morgen was in der Zeitung steht, sollte es mal knallen. Tut es aber nicht.

So geht das. Die einen sind halt etwas offener für Gassachen, die anderen nicht. Angesichts des kalten Wetters sind mir ein paar Euro Trinkgeld für den Azubi nicht zu schade. Mit bloss der kleinen Flasche, fast leer, hätten wir diese Nacht wohl die Socken zum schlafen an den Füssen gelassen.

Den Schlafplatz finden wir beim Hafen unten. Wir kochen wie die Weltmeister und schlafen herrlich. Der Platz ist wirklich gut. Und, wir sind jetzt wirklich da. In unserem Griechenland. Kalt wieder, aber die Sonne war heute immerhin mal kurz da. Und dann kam auch Afrika wieder etwas näher.

Und morgen gehts weiter. Wir wollen nach Kreta. Wir fahren entlang der längsten Baustelle der Welt.