Gewisse

Menschen strahlen schon nur durch deren Anwesenheit eine gewisse Anmut, eine Lebenserfahrung und praktische Weisheit aus, die weit über das übliche Mass geht. So Paul. Mit seinen 77 Jahren reist er jeden Winter an die Wärme, nach Kreta meistens. Hinten auf dem Dach vom Bus stehend habe ich ihn schon weit oben am Strand ausgemacht. Und dann war er da. Der kleine Welpen etwas vorher, die Katzen nahmen das locker zur Kenntnis.

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Und so ergeben sich gute Gespräche, etwas philosophieren, oder einfach zusammen schweigen. Dazu reicht ein Stein um zu sitzen und ein paar Tassen mit Honig gesüsstem Tee. Paul wohnt im Schweizer Jura im hintersten Zipfel, ein paar Meter nah der Grenze zu Frankreich. Grenzen nähme er nicht wirklich war, meint er.

Vorher hat er eine lange Zeit im sonnigen Tessin verlebt. Bis ein Nachbar das nicht wollte weil der ein Auge auf sein Stück Land geworfen hat. Dort wären dann plötzlich Grenzen wichtig geworden. So über Nacht. Und so ist dann halt die Maschinerie der Gesetze angeworfen worden und er verlor das kleine Grundstück mit der Werk- und Wohnstatt die er gebaut hat. Weil er eine Einsprache Frist bei der Erstvermessung verpasst hat, sagt er. Und weil er müde wurde zu kämpfen. Der Esel bleibt stehen. Also hätte er das Grundstück verkauft, da seine Anwesenheit nicht mehr geduldet wurde. Verkauft an eben diesen Nachbarn. Neben dem er dann doch nicht mehr wohnen und arbeiten wollte. Soll doch der damit glücklich werden.

Dieses Jahr hätte er nichts gemalt. Dafür baut er gerade ein paar Saiteninstrumente, alles von Hand. Wohnung und Werkstatt im Winter bietet der alte, orange 2CV, jener Typ mit der fourgonette hinten dran. Übernachten tut er meistens in den Bergen hier. Ein kleiner schwarzer Welpen leistet ihm Gesellschaft, seit ein paar Tagen. Er wird ihn impfen gehen und so einen Chip reinmachen, so kann er den tapisgen Hund zurück in die Schweiz nehmen. Paul, mit seinen 77 Jahren finde ich sei gut im Schuss. Das findet er auch, weil so würde der Hund mit ihm zusammen alt und wäre nicht alleine. Er denkt an den Hund, nicht an sich.

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Wir politisieren hin und her, während ich eher im Internet meine Informationen zusammen trage, macht er dies noch mit Büchern. Ich versuche seine Werke im Internet zu finden, aber er ist recht dürftig vertreten dort im unendlichen Web, weil ich möchte doch gern selber sehen was für Gemälde er denn auch gemalt hat. Grosse Sachen, Panoramen aufgeteilt in einzelne Bilder. Nahe an Gauguin. Fast alle Bilder stehen in privaten Wohnungen und nicht in Museen. Das sei das schönste meint er.

Und wir werden bald mal an diesen Zipfel vom Jura fahren und seine Bäume ansehen wollen. Noch ganz alte Sorten wachsen bei ihm im grossen Garten. Solche die harte Winter und heisse Sommer überstehen können. Vermutlich etwas knorrige Bäume, aber sicher gute. So wie er auch einer ist, der Mann in den Manchester Hosen und dem wallenden Bart.

Es wäre gut gewesen mal wieder etwas „Schweizerisch“ zu sprechen und wir sehen uns wieder, auf der Insel oder im Jura Zipfel. Er wäre gut zu finden. An der Hauptstrasse einfach das alte Haus mit den vielen Bäumen davor suchen, der Hund würde uns sicher noch kennen. Als er geht bleibt für kurze Zeit eine gewisse Leere zurück.

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