Wir beschliessen,
uns doch noch etwas mehr von Kreta anzusehen. Wo wir doch schon mal da sind. Deshalb feuern wir unsere 75 Pferde mal wieder an, überlassen die Raubtiere gut gefüttert ihrem Schicksal und fahren vom Standplatz links den Hügel hoch in Richtung Sykologos. Entlang von vielen Gemüsetreibhäusern, noch mehr Olivenbäumen und noch viel mehr schwarzen Schläuchen. Grad um die Ecke hier ist das.
Jeder hat da so seinen Bewässerungsschlauch Marke Schwarz. Und die führen kreuz und quer die Hügel runter. Entlang der Strasse oder überqueren sie auch. Zugepflastert und fertig. Oder hingelegt geht auch.
Das Wasser, solange oberhalb der Plantagen gefasst, ist einwandfrei zum trinken.
Wir fahren am Örtchen Sykologos vorbei, ein Dorf wie die meisten hier an einen Hang gebaut und mit farbig bis weiss getünchten Fassaden versehen, und weiter nach Kalami. Nur um dort dann links auf die Hauptstrasse abzubiegen, es sind bloss ein paar Kilometer.
Wir dachten so, wir schauen mal in Lendas zum rechten. Unser Ziel für diesen Tag. So richtig weit weg war das auch nun wieder nicht. Aber wie üblich hier, Kurve um Kurve, dann ein Dorf mit enger Durchfahrt und manchmal karger Landschaft, dafür einer grandiosen Wolkenstimmung. Hin und wieder ein Pickup oder Laster auf der Strasse oder eine Kirche an einer scharfen Kurve und was es sonst noch so braucht auf der Insel, das sieht man da direkt am Fenster vorbeiziehen.
Man fährt auch an einem Kriegsdenkmal vorbei, das lassen wir rechts liegen, weil ich diese Geschichte nicht aufwärmen wollte, dann führt die Strasse wieder etwas vom Gebirge runter, bald an eine grosse Ebene hin mit endlos vielen Olivenbäumen. Das dann doch ziemlich nach der Ortschaft Martha. In der Gegend hat es einen neuen Kreisel. Man könnte von da aus auch nach Heraklion fahren, die Strasse dorthin ist recht breit und ausgebaut, aber dann ist zum Glück das Geld ausgegangen. So bleiben die Massentouristen im Norden hängen und im Süden ist Ruhe.
Zwischendurch biegt man ab, oftmals denke ich das führt uns doch bloss wieder in einen Hinterhof. Tut es aber nicht. Die Strassenbreite ist hier recht flexibel und ein Stück davon wartet noch auf eine Ladung Teer.
Irgendwann wird das aber noch so richtig spannend, das mit dem fahren da, ich muss unbedingt die Drohne wieder auspacken und auch hier ein paar Bilder machen. Wir fahren nun von der Ebene her hoch, Lendas bald in Sicht. Hoffentlich.
Es bringt nicht viel das alles zu erklären, ich lade euch ein selber hinzuschauen, es lohnt sich hier einfach zuzufahren und sich zu freuen. Verkehr hat es um diese Jahreszeit ja grad gar nicht viel.
Wir kommen schliesslich in Lendas an. Das Dorf ist nicht gross. Und vollkommen leer. Ein Junge spielt mit sich selber Fussball, ein paar Viecher, ein Radio dudelt und fertig. Am offiziellen Parkplatz parkieren wir und bahnen uns über den Müll einen Weg runter an der Strand. So von unten schaut das Kaff wie ein Seeräuber Nest aus. Im Sommer ist es hier ganz sicher richtig gemütlich, die paar Tavernen offen, der Müll aus den Augen aber nicht weg und Musik klingt durch die vier oder fünf Gassen. Dafür sei Lendas bekannt. Aber wir haben gesehen was wir sehen wollten und fahren weiter an den brandneuen Hafen. Dort wollen wir übernachten.
Was wir dann nicht tun. Zu modern, viel Beton und so, kein Vergleich zu Tertsa dieser Platz. Was nun.
Ein schneller Blick auf Landschaft und Karte wir fahren den Hügel hoch. Mit Schuss. Die Strasse geht ordentlich steil hoch. Nichts da mit anhalten und Foto machen. Endlich sind wir oben. Ich schalte den zweiten Kühlerventilator wieder ab. Ist grad ordentlich warm geworden in den Brennräumen vorne im Maschinenraum.
Und so mal zwischendurch. Die Drohnenfilme schauen immer so nett, flüssig und problemlos aus. Der Weg dazu, buchstäblich auf dem Boden der Realität, ist es nicht immer. Wir amüsieren uns köstlich, wenn wir uns dann später selber auf den Aufnahmen hören, im 30 jährigen Italiener wie er den Hang hoch kraxelt und wir die Kamera ruhig halten wollen.Und mach doch schnell ein Bild vom Hafen unten.
Dann führt uns die Strasse wieder runter, fast an das Meer und dort weiter ostwärts. Ein paar wenige Häuser, säumen den Weg, mehr als drei sind es nicht. Eher so, lass mich in Ruhe Behausungen.
Die Piste ist im 2. Gang voll relaxed zu fahren, zwischendurch wieder kräftig Gas geben um hoch zu kommen und bald bleiben wir stehen. Das kann man hier, mitten auf der Strasse, ist ja niemand da.
Freie Sicht auf die Bucht , von der wir neuerdings denken da könnte man mal verweilen. Ein Bild muss her, ich kann die Melodie für den kurzen Film schon hören. Taram, tusch, viele Streichinstrumente und so, knapp bevor die Tränen rinnen. Einfach wunderbar.
Ich kann die Blume meines Lebens überreden, sich neben dem Bus in Pose zu werfen und so tun als ob, während ich die fliegende Erlebnis Erinnerungsmaschine langsam drüber fliegen lasse. Grandios. Alles im Kasten. Kann weiter gehen.
Wir steigen leicht nervös vor Erwartung, wieder ein und fahren runter an die Bucht. Das wird so richtig gut dort. Langsam endet das Tageslicht und unten am Strand angekommen finden wir, noch etwas näher an das Wasser ran dürfte es schon sein. So zum stehen. Also eigentlich finde ich das. Mann will Frau ja was bieten.
Naja, das war eine komplette Fehleinschätzung. Der Bus sinkt mit der Vorderachse im Sand bis an die Halbwellen ein. Kein entrinnen. Keine Handbreit unter der Oelwanne mehr. Super wieder einmal. Immer wieder. Ich lerne es einfach nie. Jedes mal denke ich, vorher aussteigen, abschreiten, in sich gehen, Gelände beurteilen und dann weise entscheiden. Ich denk mir das immer nachdem es passiert ist. Aber es bleibt nicht hängen bei mir.
Die Sandbleche, die hängen auch weit weg in der Werkstatt zuhause. Also buddeln wir zwei Kanäle, ziemlich schnell sogar, weil es wird nicht heller. Flache Steine imitieren die fehlenden Sandbleche und nach zwei Versuchen hüpft der Bus wieder raus, ich bleibe auf sicherem Kurs diesmal und fahre auf eine etwas erhöhte Position.
Haben wir Bier im Kühlschrank? Männer trinken immer Bier nach dem buddeln. Das gehört zum Allrad- und Expeditionsabenteuer der Savannenhuscher. Die mit den grossen, geländegängigen Lastwagen mit Containerromantik hinten drauf. Ich kann ohne all das auch ein Bier heben. War ja in Australien. Da hat es mehr Sand.
Und freue mich diebisch wieder was zum erzählen zu haben. Natürlich sinkt der Bus bei jedem erzählen etwas tiefer ein. Am Schluss sah man knapp noch das Dach.
Während ich unter den Bus schaue um zu sehen wo überall diesmal wieder Sand steckt, geht unsere Chefunterhändlerin rüber zum einzigen Haus wo Licht brennt. Fragen ob wir stehen bleiben dürfen und so.
Ich geh dann auch mal rüber und wie nicht anders zu erwarten, ist auch alles schon gedeichselt. Mit einem ziemlich kräftigen Handschlag begrüsst mich Herkulios der Chef hier. Er will bloss sehen ob ich ein starker Mann sei. Bin ich. Alles in Ordnung. Wir sollen doch dann rüber kommen und noch ein Weinchen trinken.
Davon aber später. Es bahnt sich eine Freundschaft auf Zeit an und die ist nicht in zwei Zeilen zu erklären. Denn ein Skateboard, ein fünf Liter grosses Einmachglas spielen eine wichtige Rolle in den nächsten Tagen. Und das alles direkt an einer Schlucht gelegen, mit einer Kapelle in der Felswand, einem Ziegenstall mitten in den Ruinen einer minoischen Siedlung und alles eingebettet in eine Landschaft wie aus einem Karl May Roman.
Ich habe alle Geschichten gelesen. Die Zürcher Ausgabe übrigens. Da macht mir niemand was vor. Wir hatten zuhause keinen Fernseher. Auch heute noch nicht.