fahren
wir. Zuerst erwachen wir mal so etwas nach sieben Uhr, die meisten LKW von gestern sind schon weg. Mit etwas Kaffee sind wir wach und biegen langsam auf die N400 ein. Und fahren in den Norden. Diese Regentriste Brummiromantik gefällt mir eigentlich recht gut. Als Beruf aber eher nein. Gestern haben wir einiges über die Strecke die vor uns liegt rausgefunden, also dann mal los jetzt.
Schon vor Viranşehir führt die Strasse ordentlich geradeaus. Paar Bögen drin, aber nichts tragisches. Wir lassen den Diesel bei 70 Km die Stunde drehen, das reicht. Ich möchte so spät wie möglich nachtanken, also verbrenne ich nicht sinnlos Diesel. Zudem sind wir das erste Mal da. Wollen uns die Gegend ja anschauen.
Die Strasse hier ist vierspurig, ich fahre meistens links, der Belag ist da besser.
Bei Viranşehir könnte man jetzt rechts nach Syrien huschen. Ist aber grad nicht gut Kirschen essen in diesem Teil. Deshalb fahren wir weiter. Und diskutieren über Unterschiede in der Mentalität diverser Völker auf diesem Planeten. Und Unterschiede sind klar zu erkennen, finden wir zum hundersten Mal raus.
Via Kızıltepe führt uns die Strasse nach Nusaybin. Wir fahren durch eine grosse Ebene, rechts stehen sowas wie flache Hügelzüge rum, links und weit weg ebenfalls. Zudem wachsen hier ziemlich wichtige Getreide, die Gegend ist fruchtbar. Dörfer finden sich auf Erhebungen, meistens eine Ansammlung von lumpigen Häusern. Und alle paar Meter steht ein Telekommunikationsturm.
Wir passieren die ersten Armeekontrollen. Diese hier lungern noch etwas in der Gegend rum. Überhaupt nicht motiviert. Junge Bubis in Uniform, 1000 km von Mami und Papi weg, schieben die hier ihren Dienst. Gefährlich sind die Jungs in Zivil. Und die schleichen hier überall rum.
Das ganze Theater hier, die Trennelemente aus Beton, der löchrige Belag vor den Kontrollposten, die Kontrollen vor und nach dem Stadteingang, Barrieren mitten in den Städten, das alles hat natürlich einen tieferen Sinn. Ankara zeigt hier Muskeln. Denen brennts gewaltig unter den Fingernägeln. Weiter oben in der Gegend wird auch Kohle gefördert.
Wir fahren weiter. Die Grenzzäune sind nah, alle gut unterhalten. Vor Nusaybin haben die grad alle Hände zu tun und wir fahren durch. Aber nachtanken wollen wir hier, Luftdruck der Reifen prüfen. Wasser- und Oelstand will ich ebenfalls prüfen.
Nusaybin hat schon einiges erlebt. Die 80’000 Seelenstadt ist mehrheitlich Kurdisch bevölkert.
Auch hier, kein Interesse an uns. Sehr gut. Meine persische Blume hat nun ein Kopftuch locker übergehängt. Guten Willen zeigen. Dann passt das schon. Sie ziehts bald wieder ab.
Wir holen uns ein paar Informationen ein, ich lasse extra den Diesel langsam in den Tank fliessen, so hat meine persische Blume Zeit dies und das in Erfahrung zu bringen. Und einen Steinwurf über die Grenze machen sich seit gestern ein paar hundert dieser bärtigen IS Vollidioten in Qamischli bereit um irgendwo wieder Kinder abzumurksen. Im Namen Gottes natürlich. In den Medien sprechen sie von 2000. Ein paar hundert höchsten, meint einer von der Tankstelle. Und ich glaub grad gar nichts. Die sind eh am Ende angelangt und der letzte Weg führt die höchstens in die Hölle.
Der Strassenverlauf ist nicht spannend. Uns fällt hier auf, grosse Felder wurden vor nicht allzulanger Zeit von Steinen gesäubert um Ackerland zu gewinnen.
Das Wetter ist passend zur miesen Geschichte da.
Endlich kommen wir in Cizre an. Ein trostloser Haufen Häuser auf den ersten Blick. Aber es gäbe da noch mehr zu sehen. Und am Tigris liegt die Stadt auch. Wiki.
Wir fragen uns etwas rum wegen der Route und haben drei Möglichkeiten. Über Van könnten wir fahren, aber genau das will ich nicht. Van ist bekannt für viel Schnee. Oder durch den Irak könnten wir auch fahren, ziemlich eben und sicher ohne Schnee. Allerdings kann es Tage dauern bis wir ein Durchreisevisa erhalten. Zumindest ich mit dem Schweizerpass würde warten müssen.
Wir beschliessen nach Şırnak, immer noch der N400 folgend, weiter zu fahren. Dann so plus minus nach Westen. Wir werfen die Maschine an und machen uns aus dem Sumpf hier.
Der Strassenverlauf wurde geändert, die Gendarmen klären uns auf. Also drehen wir um.
Der Tag ist noch nicht zu Ende. Wir fahren jetzt nach Şırnak.
Andauernd werden wir kontrolliert. Passport please, dann je nach Lust und Laune dürfen sie einen Blick in die Wohnung werfen. Reinschauen ist ok. Eintreten aber lieber ohne Schuhe.